ZMP-Marktgespräch: Agrarwirtschaft ist stabile Größe in 2009
Samstag, 2009-01-17 [03:01 Uhr] -- Trends + Konzepte

Bonn. (zmp) Vor dem Hintergrund des finsteren Szenarios der weltweiten Finanzkrise könne sich die Agrar- und Ernährungswirtschaft als stabilisierende Größe herausstellen, erklärte Ralf Goessler, Geschäftsführer der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP), während des Marktgesprächs anlässlich der Internationalen Grünen Woche 2009 (IGW) in Berlin.

Agrar- und Ernährungswirtschaft zählt vier Millionen Beschäftigte
Dies sei in Anbetracht einer Beschäftigtenzahl in Deutschland von über vier Millionen Menschen von erheblicher Bedeutung (Vergleich: Die Bauwirtschaft zählt rund 700.000 Beschäftigte). Gemäß Befragungen sehen Ernährungsindustrie und Lebensmittelhandel mit verhaltenem Optimismus in die Zukunft. Neben notwendigen Sparmaßnahmen sei man aber auch bereit zu investieren, was den Zukunftscharakter der Meinungsäußerungen unterstreiche. Die deutsche Agrarwirtschaft habe sich in den letzten Jahren bestens aufgestellt. Wer die Märkte beobachte, sehe die Kostenvorteile der deutschen Anbieter bei gleichzeitig sehr hohen Qualitätsstandards. Dies bedeute bei vielen Produkten Marktführerschaft. Die Wirtschaftskrise eröffne daher Chancen, jetzt Marktanteile zu festigen.

Erinnerungen an «Grenzen des Wachstums» von 1972 werden wach
Angesichts der derzeitigen Verwerfungen an den Finanzmärkten fühlt sich Goessler an die Studie «Grenzen des Wachstums» des Club of Rome aus dem Jahr 1972 erinnert, sagte er. Diese Studie berücksichtige unter anderem die Langzeitaspekte wie Wachstum und Ernährung der Weltbevölkerung sowie die Versorgung mit Rohstoffen. Alles Themen, die auch für die Agrarwirtschaft eine hohe Bedeutung hätten. Geld- und Güterströme sollten sich in einem Wirtschaftskreislaufsystem wertmäßig entsprechen. Die aktuelle Finanzkrise lasse aber erkennen, dass Geld- und Anlagegeschäfte ohne ausreichende Substanz in einem hohen Maße überreizt und somit die Grenzen des Geldkreislaufs erreicht seien. Mittlerweile sei aus der Finanzkrise längst eine globale Wirtschaftskrise geworden. Unverändert werden hohe Wertberichtigungen vorgenommen, was bei der häufig nur sehr geringen Eigenkapitalausstattung für viele Finanzinstitute, Fonds aber auch Wirtschaftsunternehmen zur Existenzbedrohung werde. Weltweit geht der IWF von Wertberichtigungen in Höhe von 965 Milliarden US-Dollar aus. Allein Hedgefonds schreiben weltweit Anlagevermögen im Wert von 500 Milliarden Euro ab. Die Betroffenheit der gesamten Weltwirtschaft zeigt sich in erwarteten Wachstumseinbußen in Höhe von 1.200 Milliarden US-Dollar.

Verwerfungen im Agrarsektor relativ moderat
Bezogen auf die jüngsten Herbstzahlen gingen die Umsatzzahlen des produzierenden Gewerbes in Deutschland während des letzten Halbjahres um 20 bis 30 Prozentpunkte zurück. Die eng mit diesem Gewerbe verbundenen Rohstoffe wie Rohöl oder Industriemetalle verloren annähernd zwei Drittel an Wert, verglichen damit fiel der Rückgang des Index für agrarische Güter mit knapp fünf Prozent relativ moderat aus. Goessler betont, dass sich die Belastungen auch innerhalb des Agrarsektors sehr unterschiedlich auswirken. So haben sich zum Beispiel die Preise für Brotgetreide ob des Mindestpreiseffektes zum Rohöl und auf Grund des Flächenausbaues und guter Ernten binnen Jahresfrist halbiert.

Verbraucher kaufen (preis-) bewusster
Goessler teile die Auffassung vieler Unternehmer der Branche, dass sich der Wettbewerb aber zunehmend über den Preis abspielen werde, was Gestaltungsfreiräume einenge. Der Discount und Eigenmarken werden bei Lebensmitteln an Bedeutung gewinnen. Der Verbraucher könne daher günstigen Preisen entgegensehen. Ohnehin habe der Verbraucher in Zeiten der allgemeinen Verunsicherung gelernt, einzelne Lebensmittel nicht nur zu substituieren, sondern weniger und bedarfsgerechter einzukaufen oder sich noch stärker bei Angeboten zu bevorraten. Früher wurde eingekauft, was man brauchte und Schnäppchen verleiteten zum Extraeinkauf. Heute kauft man auch für den Alltag gezielt aktionsgebunden ein oder nutzt Dauerniedrigpreise. Für Erzeuger, Veredler und Vermarkter sei diese Situation mit weiteren Herausforderungen und mit geringeren Gewinnspannen verbunden.

Wer die Krise richtig nutzt, kann jetzt gewinnen
Die Schwellenländer Südostasiens -- wesentlicher Impulsgeber für die weltweite hohe Nachfrage im Jahr 2007 -- lägen mit ihrer Wirtschaft am Boden. China korrigiere seine Wirtschaftsaussichten für den Binnenmarkt ständig nach unten. Dennoch sollten diese Drittlandsmärkte jetzt intensiv beobachtet und betreut werden. Denn wer in Krisenzeiten Qualitäts- und Kostenvorteile biete, der bleibe am Markt und könne auf die Zukunft bauen.

Wichtiger denn je: Information als wirtschaftliches Gut
Optimistischer in die Zukunft schauen wolle auch die ZMP, nachdem die Europäische Kommission Anfang Dezember 2008 die Tätigkeiten des Unternehmens im Rahmen ihrer routinemäßigen Prüfung des Absatzfondsgesetzes in vollem Umfang genehmigt habe. Das entspanne die Situation und möge ein positives Signal für die anstehende Entscheidung in Karlsruhe sein. Agrarmarktbeobachtung und -berichterstattung sei nach seiner Überzeugung wichtiger denn je. Was die Großen am Markt ob ihres Einflusses ohnehin wissen, überschauen die Kleineren am Markt nur mit Mühe und großem Aufwand. Die Informationen über die Märkte weltweit stützen den Meinungsbildungsprozess und die Entscheidung Einzelner. Das macht Informationen zum wirtschaftlich wichtigen Gut (Quelle).

 

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