Berlin. (zv) Die Verbände der deutschen Backwarenbranche – Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks (ZV), Verband Deutscher Großbäckereien und Deutscher Konditorenbund – protestieren gegen die EU-Planungen zur Reduzierung des Salzgehalts in Brot und Backwaren. Unterstützt werden sie dabei vom europäischen Dachverband des Bäcker- und Konditorenhandwerks in der Europäischen Union, CEBP.
Salzzugabe soll erheblich reduziert werden
Deutschland ist weltberühmt für seine Brotkultur, die selbst wiederum durch eine große Vielfalt geprägt ist. Diese vom Verbraucher – den Kunden – hoch geschätzte Vielfalt ist untrennbar und traditionell mit der handwerklichen Lebensmittelherstellung verbunden. Neben den natürlichen Rohstoffen Wasser, Mehl, Sauerteig und Hefe gehört das Salz neben seiner technologischen Funktion als wichtiger Geschmacksträger zu den Kernbestandteilen eines würzigen und kräftigen Brotes. Als Faustformel für die handwerkliche Brotherstellung gilt ein Salzanteil von zwei Prozent – bezogen auf die verwendete Mehlmenge. Dies bedeutet einen Wert von rund 1,5 Prozent Salz im Endprodukt.
Im Entwurf der EU für die so genannten Nährwertprofile ist ein Wert von 400 Milligramm Natrium auf 100 Gramm des Endprodukts bei Brot vorgesehen. Dies bedeutet ein Gramm beziehungsweise ein Prozent Kochsalz bezogen auf das Endprodukt. Dieser vorgeschlagene Wert ist erheblich zu niedrig.
Brot ist mehr als nur eine «Sättigungsbeilage»
ZV-Präsident Peter Becker: «Wir protestieren gegen die Pläne der EU zur Reduzierung des Salzkonsums und ganz besonders zur Reduzierung des Salzgehalts in unseren wichtigsten Produkten. Wir lehnen jeden Versuch ab, durch direkte oder indirekte rechtliche und politische Steuerung eine Vereinheitlichung der in Europa hergestellten Lebensmittel zu bewirken. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum ausgerechnet beim Brot der wichtige Geschmacksfaktor Salz reduziert und damit dieses älteste Lebensmittel der Welt zur «Sättigungsbeilage» degradiert werden soll. Grundlage dieser drohenden Diskriminierung sind die bis zum 19. Januar 2009 zu erstellenden Nährwertprofile nach der so genannten Health-Claims-Verordnung. Gerade bei der Salzproblematik zeigt sich die ganze Fragwürdigkeit von Nährwertprofilen, die klammheimlich zur Rechtsgrundlage für eine «uropäische Geschmackspolizei» missbraucht werden. Eine angebliche Verbraucherschutzpolitik als Vernichtungsfeldzug gegenüber der traditionellen Lebensmittelproduktion in Deutschland und Europa wird unseren Unternehmen und unseren Kunden nicht vermittelbar sein».
CEBP fordert mehr Respekt vor der Esskultur
CEBP-Präsident Henri Wagener: «Wir müssen das Thema ‘Salzgehalt im Brot’ einmal in einen größeren Zusammenhang stellen, in den Zusammenhang der europäischen Kultur und der Esskultur. Wir brauchen in der Europäischen Union mehr Respekt vor der Vielfalt. Es kann nicht sein, dass mit Hilfe von so genannten Nährwertprofilen den vielfältigen und unterschiedlichen Menschen in Europa eine Einheitskost verordnet werden soll. Wir wollen, dass diesem bürokratischen Unsinn aus Brüssel ein Ende gesetzt wird. Wir wollen deshalb bei den bevorstehenden Europawahlen im Sommer 2009 alle Kandidaten zum EU-Parlament befragen, ob sie dort die unterschiedlichen Interessen der unterschiedlichen Menschen und Länder in Europa vertreten und die EU-Bürokratie kontrollieren wollen oder ob sie gemeinsame Sache mit den Bürokraten in Brüssel machen wollen. Mit unseren Mitgliedsverbänden in Europa werden wir im Frühjahr 2009 die genannte Aktion zur Vorbereitung der Europawahl starten; wir werden unsere vielen Millionen Kunden, die Tag für Tag unsere Fachgeschäfte als zufriedene Verbraucher verlassen, in diese Aktion einbeziehen».
Bundesregierung soll Diskriminierung verhindern
ZV-Hauptgeschäftsführer Dr. Eberhard Groebel: «Wir befürchten, dass die mit den Nährwertprofilen einhergehenden Werbeverbote nur der erste Schritt sind bis hin zur Einführung einheitlich niedriger Grenzwerte und damit von Produktionsverboten. Wir fordern die Bundesregierung auf, sich für eine Streichung des Artikels 4 der Health-Claims-Verordnung einzusetzen, weil sich herausgestellt hat, dass die so genannten Nährwertprofile ein untaugliches Mittel sind, um gute von schlechten Lebensmitteln zu unterscheiden. Wenn es aber dabei bleiben sollte, müssen diese Profile so berechnet sein, dass es zu keinerlei Diskriminierungen zu Lasten der traditionellen deutschen Brot- und Backwarenherstellung kommt».
Von links: Dr. Eberhard Groebel (ZV-Hauptgeschäftsführer), Armin Juncker (Geschäftsführer Verband Deutscher Großbäckereien), Peter Becker (ZV-Präsident), Henri Wagener (CEBP-Präsident), Otto Kemmer (Präsident Deutscher Konditorenbund) engagieren sich gemeinsam gegen die europäische Geschmackspolizei.
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