Berlin. (zv) «Die europäische Regulierungswut hemmt insbesondere den Mittelstand und nervt die Bürger», erklärt das Netzwerk Lebensmittelforum, eine Interessengemeinschaft von insgesamt 22 Verbänden der deutschen Lebensmittelwirtschaft. Bei einem Treffen mit den Europaabgeordneten Dr. Renate Sommer und Dr. Peter Liese wurde verdeutlicht, dass die Ambitionen von weiten Teilen der EU-Kommission, selbst Unsinniges erzieherisch regulieren, harmonisieren und normieren zu wollen, bei Wirtschaft und Verbrauchern zusehends zur Ablehnung der Europäischen Union führen. Viele EU-Bestimmungen seien absurd und lösten nur Ärger gegenüber der EU aus.
Als unangebracht stuft das Netzwerk Pauschalkritik an Abgeordneten des Europäischen Parlaments ein. Den 785 Abgeordneten steht ein Apparat von rund 35.000 Mitarbeitern in der EU-Kommission gegenüber. «Diese betrachten sich als die Heilsbringer für die Standards, die sich als Bevormundung entpuppen», sagt ein Sprecher des Netzwerks Lebensmittelforum, «anstatt die Kompetenz zur eigenverantwortlichen Entscheidung zu stärken». Mit der Bevormundung des Verbrauchers gehe eine Gängelung der Wirtschaft und eine Benachteiligung des Mittelstands einher, denen durch Richtlinien und Verordnungen unüberwindbare Hürden aufgebaut würden. Damit verstoße die EU-Kommission gegen die EU-Verfassung, die dazu auffordert, im Binnenmarkt Handelsschranken zu beseitigen, Monopole aufzulösen und Deregulierungen herbeizuführen. Das Gegenteil sei der Fall.
Das Netzwerk Lebensmittelforum fordert eine Stärkung des Parlaments, um die «Hochregulierungszone» zu Fall zu bringen. Das setze unter anderem voraus, die praktischen Arbeitsvoraussetzungen der Parlamentarier zu verbessern und Waffengleichheit gegenüber der EU-Kommission herzustellen. Der «Wanderzirkus» des Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg müsse aufhören. Regelungen, die der Entwurf einer Lebensmittelinformationsverordnung vorsehe oder die derzeit diskutierten Nährwertprofile nach der so genannten Health Claims Verordnung entbehrten jeder vernünftigen Grundlage, könnten den Europa-Frust der Bürger nur noch erhöhen und den europäischen Binnenmarkt in seiner Zukunftsfähigkeit bedrohen.
Alle Maßnahmen der EU-Kommission, die sich als «Ernährungspolitik» beschreiben ließen, seien grundsätzlich verfehlt. Probleme des Öffentlichen Gesundheitswesens durch Übergewicht und mangelnde Bewegung ließen sich nicht durch Gängelung der Lebensmittelwirtschaft lösen, sondern nur durch Aufklärung der Verbraucher. Die Eigenverantwortung der Bürger müsse gestärkt werden. Dabei sei allerdings zu berücksichtigen, dass es weder «das» europäische Lebensmittel, noch «den» europäischen Verbraucher gebe.
Das Netzwerk Lebensmittelforum hat den Eindruck, dass seine Anliegen von den Abgeordneten Dr. Sommer und Dr. Liese im Sinne einer praxisgerechten und bürgernahen europäischen Rechtssetzung vertreten sind (Quelle).
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