Bremerhaven. (eb) Milliardeninvestments, aggressive Neueinsteiger, die Krux mit der Rentabilität: 2022 ist nicht nur das Jahr, in dem Anbieter um das Lebensmittelgeschäft im Internet ringen. Es ist auch das Jahr, in dem sie einigen Tatsachen ins Auge sehen müssten, hieß es vor nicht allzu langer Zeit in einer Betrachtung durch die Managementberatung Bain + Company. Alle Marktteilnehmer, ob arriviert oder als Start-up unterwegs, stünden vor der gleichen Herausforderung: sich im Wettbewerb zu behaupten und langfristig profitabel zu sein. Der Rat der Fachleute: zügig und mutig handeln.
Miltiadis Athanassiou, Co-Autor der erwähnten Studie: «Auch wenn alle im Online-Lebensmittelhandel aktiven Unternehmen die für sie drängendsten Herausforderungen individuell lösen müssen, sollten sie die nötigen strategischen Entscheidungen keinesfalls verzögern, nur weil sie das Risiko von Fehlinvestitionen fürchten», betonte Athanassiou im Juni dieses Jahrs. «Gebot der Stunde ist, mutig in neue Services und Hightech-Lösungen zu investieren und sich damit vom Wettbewerb abzusetzen.» Dabei seien in wichtigen Märkten auch Kooperationen und Beteiligungen denkbar. «Und im Rahmen einer Konsolidierungswelle könnten auch Übernahmen auf der Agenda der großen Handelskonzerne stehen.»
Wenige Monate später meldet Getir, ein 2015 gegründetes türkisches Start-up-Unternehmen mit Hauptsitz in Istanbul, die Übernahme von Gorillas wie folgt: «Wir sind führend bei der Konsolidierung der ultraschnellen Lebensmittellieferung. Als weltweiter Pionier der ultraschnellen Lebensmittellieferung sind wir stolz darauf, die Übernahme des Berliner On-Demand-Lieferdienstes Gorillas bekannt zu geben,» heißt es seit wenigen Tagen auf der Linkedin-Seite der Entwickler vom Bosporus. Die Übernahme bestätige das langfristige Engagement Getirs in diesem Geschäftsfeld und unterstreiche, wie das Unternehmen die Konsolidierung in der Branche anführt. Sie werde es ermöglichen, den Kunden einen noch besseren Service zu bieten, und bestätige die Überzeugung, dass der Sektor eine große Zukunft hat. Frei nach dem Motto «Gemeinsam sind wir stärker» freut sich Getir über die neuen Kollegen in Deutschland.
Der wichtige Konsolidierungsschritt soll Getir und Investoren um die 1,2 Milliarden US-Dollar gekostet haben. Direkt nach Bekanntgabe der Transaktion taxierten die Analysten das türkische Technologieunternehmen auf etwa 8,8 Milliarden US-Dollar. Schon werden Akteure in «Gewinner» und «Verlierer» geteilt und moniert, dass es Gorillas gelungen sei, binnen Jahresfrist brutal abzurutschen und viel Geld zu verbrennen. Andererseits: Getir hätte Gorillas auch einfach an die Wand drücken können. Haben die Türken aber nicht, sondern einen anständigen Preis verhandelt (Foto: getir.com).
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