Mittwoch, 17. Juli 2024
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«Agrar-Gesundheits-Check»: Fit für neue Herausforderungen

Brüssel / BE. (eu) Die Europäische Kommission hat ihren Entwurf für eine Vereinfachung und Modernisierung der gemeinsamen Agrarpolitik veröffentlicht. Der sogenannte «Gesundheitscheck» der GAP (Common Agricultural Policy) wird, aufbauend auf den Reformen von 2003 und seither gesammelten Erfahrungen, die Funktionsweise der Politik verbessern, um sie in die Lage zu versetzen, besser auf die neuen Herausforderungen und Chancen einer EU von 2007 mit 27 Mitgliedstaaten einzugehen.

Die Reformen haben zwar zu einer Modernisierung der GAP geführt, aber der Gesundheitscheck bietet eine hervorragende Gelegenheit, die Überarbeitung dieses Politikbereichs noch einen Schritt weiter zu führen. Dabei geht es besonders um drei Fragen, nämlich darum,

  • wie die Direktbeihilfen effektiver und einfacher werden können,
  • wie sich die ursprünglich für eine Gemeinschaft mit sechs Mitgliedstaaten angelegten Marktstützungsinstrumente für die Welt von heute sinnvoll umgestalten lassen und
  • wie neue Herausforderungen vom Klimawandel über Biokraftstoffe und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen bis hin zum Schutz der Artenvielfalt gemeistert werden können.

Die heutige Mitteilung soll eine umfassende, über sechs Monate laufende Konsultation in Gang bringen. Im kommenden Frühjahr wird die Kommission Legislativvorschläge vorlegen, von denen sie hofft, dass sie von den Agrarministern bis Ende 2008 angenommen und dann sofort in Kraft treten werden. 2007 und 2008 wird die Kommission ihr Konzept für die Überprüfung des Haushalts 2008/2009 vorlegen. Der Gesundheitscheck ist dabei als vorbereitende Maßnahme zu sehen, die das Ergebnis der Überprüfung nicht vorwegnehmen soll. Er soll zur «Feinabstimmung» der Reformen von 2003 dienen und zur Diskussion über die künftigen Schwerpunkte im Bereich Landwirtschaft beitragen.

Vereinfachung und Effizienzverbesserung der Betriebsprämienregelung

Die Mitteilung enthält unter anderem folgende Denkanstöße:

  • Abkehr von den Zahlungen auf Basis früherer Einnahmen und Umstellung auf eine Regelung mit einheitlicheren Sätzen.
  • Mehr Entkoppelung in den Ländern, die in einigen Agrarbereichen weiterhin an die Menge gekoppelte Beihilfen zahlen, obwohl solche mengenabhängigen Beihilfen in Regionen, in denen geringe Mengen produziert werden, die Produktion aber wirtschaftlich und ökologisch wichtig ist, weiterhin von Bedeutung sein könnten.
  • Allmähliches Absenken der Stützung ab einem Gesamtbetrag der Zahlungen an landwirtschaftliche Großbetriebe von beispielsweise 100.000 EUR pro Jahr. Hierbei wäre zu unterscheiden zwischen Betrieben mit mehreren Eigentümern und zahlreichen Beschäftigten und solchen mit einem Eigentümer und nur wenigen Beschäftigten.
  • Anhebung der Mindestfläche von derzeit 0,3 Hektar, die ein Landwirt besitzen muss, um für EU-Beihilfen infrage zu kommen.
  • Überprüfung der Cross-Compliance-Vorschriften, die Landwirte einhalten müssen, um Beihilfen aus Brüssel zu erhalten. Dies kann zum einen bedeuten, dass unnötige Verpflichtungen gestrichen, andererseits aber auch, dass neue eingeführt werden, etwa um Problemen im Zusammenhang mit der Wasserbewirtschaftung oder der Eindämmung des Klimawandels zu begegnen.

Anpassung der Marktstützungsinstrumente, damit diese einer EU
von 27 Mitgliedern im Jahr 2007 gerecht werden

In der Mitteilung werden folgende Fragen aufgeworfen:

  • Sollte die Marktstützung zu ihrem ursprünglichen Zweck – ein wirkliches Sicherheitsnetz zu bieten – zurückkehren, zumal die Marktpreise derzeit auf so hohem Niveau sind?
  • Könnten die Beihilfen für Getreide – unter Beibehaltung der Zahlungen für eine Getreidesorte (Weizen zur Brotbereitung) – für die meisten anderen Sorten auf Null gesenkt werden?
  • Sollten die Zahlungen für Flächenstilllegungen nicht abgeschafft werden, wobei nach neuen Wegen zur Erhaltung der Vorteile dieser Regelung für die Umwelt zu suchen wäre?
  • Es ist bereits geplant, die Milchquoten 2015 zu streichen, aber sollten die Quoten bis dahin nicht allmählich gesenkt werden, damit der Übergang für den Milchsektor nicht zu abrupt wird? Dabei wären Maßnahmen zu erarbeiten, um Milchbauern in stark von der Milchproduktion abhängigen EU-Gebieten wie zum Beispiel Bergregionen zu helfen.

Bewältigung neuer Herausforderungen

In der Mitteilung wird untersucht, mit welchen Maßnahmen die Agrarpolitik sich auf neue Herausforderungen und Chancen einstellen kann. Hierzu zählen Risikomanagement, Eindämmung des Klimawandels, effizientere Bewirtschaftung von Wasser, optimale Nutzung der Bioenergie und Erhaltung der Artenvielfalt.

Die Ziele im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der Wasserbewirtschaftung ließen sich durch Cross Compliance erreichen. Es sollte Anreize geben, um die Maßnahmen in diesen Bereichen zu verbessern, aber hierfür sind Geldmittel erforderlich. Die notwendigen neuen Maßnahmen lassen sich am besten über die Politik zur ländlichen Entwicklung finanzieren.

In der Mitteilung wird vorgeschlagen, den Anteil der sogenannten «Modulation» zu erhöhen, also die Direktzahlungen an alle landwirtschaftlichen Betriebe, die mehr als 5.000 EUR jährlich erhalten, zu senken und diese Mittel in das Budget für die ländliche Entwicklung zu übertragen. Dessen Anteil würde bis 2013 allmählich von fünf Prozent auf 13 Prozent aufgestockt.

Außerdem wäre zu prüfen, inwiefern die Prämie für den Anbau von Energiepflanzen noch notwendig ist, da es inzwischen für die Erzeugung von Biokraftstoffen neue Anreize gibt, so zum Beispiel verbindliche Zielgrößen für den Einsatz von Bioenergien und hohe Preise (Quelle).