Dienstag, 16. Juli 2024
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Bürokratieentlastung: BMJ stellt ersten Entwurf vor

Berlin. (bmj / eb) Überflüssige Bürokratie belastet die Unternehmen ebenso wie die Bürger und die Verwaltung. Um verzichtbare Bürokratie abzubauen und eine breite Entlastung zu erreichen, wurde auf der Kabinettsklausur der Bundesregierung in Meseberg ein Entbürokratisierungspaket beschlossen. Am 11. Januar veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz (BMJ) einen ersten Referentenentwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV (BEG IV). Die Kritik folgte sogleich auf dem Fuße, wie den Einlassungen des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall und des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) vom gleichen Tag (siehe Anhang) zu entnehmen ist. Doch der Reihe nach:

Der Bundesminister der Justiz (BMJ) Dr. Marco Buschmann zum Bürokratieabbau: «Wir entlasten unsere Unternehmen spürbar von Bürokratie. Mit dem BEG IV gehen wir einen wichtigen, aber nicht den letzten Schritt zu weniger Bürokratie und mehr Freiräumen. Wir werden weiter mit Hochdruck daran arbeiten, Bürgern und Unternehmen das Leben in Deutschland leichter und unbürokratischer zu gestalten.»

Der Entwurf zu einem vierten Gesetz zur Entlastung der Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (BEG IV) ist ein Teil dieses Maßnahmenbündels. Das Entlastungsvolumen des BEG IV beträgt rund 682 Millionen Euro pro Jahr. Dadurch wird zugleich der Bürokratiekostenindex, der die Belastungen der Unternehmen aus Informationspflichten sichtbar macht, voraussichtlich auf den niedrigsten Stand seit seiner Erhebung sinken. Der Referentenentwurf sieht unter anderem folgende Neuerungen vor:

  • Verkürzung der handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege wie zum Beispiel Rechnungskopien, Kontoauszüge und Lohn- und Gehaltslisten von zehn auf acht Jahre. Die Unternehmen können die Belege daher früher als bisher entsorgen und sparen dadurch erhebliche Aufbewahrungskosten.
  • Die Hotelmeldepflicht wird abgeschafft und das lästige Ausfüllen von Meldescheinen für deutsche Staatsangehörige entfallen.
  • Die Schriftformerfordernisse werden reduziert: Soweit möglich sollen diese komplett abgeschafft werden, ansonsten werden sie auf die Textform (zum Beispiel E-Mail) herabgestuft. Das entlastet nicht nur die Unternehmen, sondern zugleich die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung.

Den Referentenentwurf steht hier zum Herunterladen bereit.

Neben dem BEG IV setzt die Bundesregierung weitere Maßnahmen des Entbürokratisierungspakets von Meseberg um: Mit dem Wachstumschancengesetz wird die Wirtschaft durch verschiedenste Maßnahmen um 1,4 Milliarden Euro entlastet. Zudem wird mit der Schwellenwertanhebung für Bilanzierung und Rechnungslegung bei kleinen und mittleren Unternehmen eine wichtige Entlastung für die Wirtschaft vorgezogen. Durch die beschleunigte Umsetzung können die Unternehmen schon bei Aufstellung ihrer Abschlüsse für das Jahr 2023 nach den erleichterten Vorgaben vorgehen. Die Regelung entlastet die Unternehmen um weitere 650 Millionen Euro pro Jahr. Deutschlandweit werden hiervon 52.000 Unternehmen profitieren – insbesondere kleine und mittelständische Betriebe. Gerade für sie sind sehr umfassenden Bilanzierungs- und Berichtspflichten zum Teil nicht verhältnismäßig.


Gesamtmetall: Arbeits- und Wirtschaftsministerium haben nicht geliefert

Berlin. (ges) Gesamtmetall, der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie, kritisiert den offensichtlich fehlenden Willen von Teilen der Bundesregierung beim Bürokratieabbau. Das zumindest legt der am Donnerstag vorgelegte Referentenentwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV nahe. Dieser bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück. Von den 442 eingereichten Vorschlägen der im letzten Jahr von der Bundesregierung durchgeführten Verbändebefragung zum Bürokratieabbau hat es nur ein Bruchteil in den Referentenentwurf geschafft.

Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander: «Der jetzt vorgelegte Referentenentwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV muss nachgebessert werden. Das liegt jedoch sicher nicht am federführenden Bundesjustizministerium, das sich erkennbar bemüht hat, beim Thema Bürokratieabbau etwas zu bewegen, sondern besonders an den Bundesministerien für Arbeit und Soziales sowie für Wirtschaft und Klimaschutz. Die Bundesregierung, die einmal als Modernisierungskoalition angetreten ist und «Mehr Fortschritt wagen» wollte, hat im Koalitionsvertrag viel beim Thema Bürokratieabbau versprochen und mit dem vorgelegten Entwurf viel zu wenig geliefert.»

«Ganz konkret: Von 59 zur Umsetzung geeigneten Vorschlägen aus der Verbändebefragung, die an das Bundesarbeitsministerium gerichtet sind, wurden nur zehn aufgegriffen und 49 – mit zum Teil äußerst schwacher Begründung – verworfen», sagte Zander weiter. «Ein besonders ärgerliches Beispiel ist der «Nicht-Vorschlag» zum Nachweisgesetz. Hier hat das Bundesarbeitsministerium trotz zahlreicher Hinweise von Verbänden und Wirtschaft auf eine durch Umstellung auf die Textform einfach umzusetzende Verbesserung mit großem Entlastungseffekt für die Unternehmen verzichtet. Wir erwarten, dass besonders hier jetzt schnell nachgeliefert wird.»

Die Bürokratiekosten für die Unternehmen seien immens. Zuletzt lagen sie laut Nationalem Normenkontrollrat bei rund 65 Milliarden Euro pro Jahr – ein deutlicher Standortnachteil im internationalen Wettbewerb. Das Thema Bürokratieabbau müsse deshalb bei allen Bundesministerien zur Chefsache gemacht werden.

Dass es auch besser geht, zeigt ein aktueller Gesetzentwurf des Bundesbildungsministeriums aus dem Dezember 2023. Demnach soll im Berufsausbildungsrecht künftig der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform möglich sein, um «einen medienbruchfreien, digitalen Prozess zu ermöglichen». Auch Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann will im Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes IV an zahlreichen Stellen den digitalen Wandel durch die Aufhebung von Schriftformerfordernissen und deren Umstellung auf die Textform vorantreiben.

Oliver Zander: «Dies zeigt, was möglich ist, wenn Vernunft über Beharrungswillen siegt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist gut beraten, den digitalen Fortschritt der gesamten Arbeitswelt zuteilwerden zu lassen. Es ist im Jahr 2024 schlicht nicht mehr zu erklären, warum insbesondere beim Nachweisrecht gegen den Widerstand der gesamten Wirtschaft weiter an Papierbergen und Tinte festgehalten werden soll.»


ZDH: Gesetzentwurf bringt Betrieben keinen spürbaren Bürokratieabbau

Berlin. (zdh) Zu dem am Donnerstag veröffentlichten Referentenentwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV durch das Bundesministerium der Justiz erklärt Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH):

«Es ist sehr bedauerlich, dass der Gesetzentwurf deutlich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Der vorliegende Entwurf muss dringend ergänzt werden. In dieser Form leistet er leider keine ausreichende Abhilfe. Das Bürokratieentlastungsgesetz IV kommt viel zu spät und wird trotz des rechnerischen Entlastungsvolumens im Betrieb vor Ort nicht ankommen. Es ist besonders nicht nachvollziehbar, dass zahlreiche Vorschläge, die das Statistische Bundesamt im Rahmen der Verbändeabfrage Anfang letzten Jahres als leicht umsetzbar eingestuft hat, im Entwurf fehlen. Keinesfalls darf es zu weiteren Neubelastungen kommen.

«Längst ist die Bürokratiebelastung, die Belastung durch Dokumentationen und Nachweise, keine lästige Nebensache im Alltag, sondern ein struktureller Zukunftsfaktor im Handwerk. Für viele Handwerkerinnen und Handwerker ist die zunehmende Belastung der maßgebliche Grund, sich nicht selbstständig zu machen oder gar den langjährigen Betrieb einzustellen. Entlastung ist für Handwerksbetriebe dringend notwendig. Der Frust bei den Betrieben ist groß und das Vertrauen in die Gestaltungsfähigkeit der Politik schwindet. Das müssen Politik und Verwaltung endlich verinnerlichen und die Entschlackung der Überregulierung ernsthaft vorantreiben. Wenn von «Bürokratie-Burn-out» gesprochen, zugleich aber kein wirksames Gegenmittel zur Verfügung gestellt wird, zeigt das einmal mehr, dass es kein Erkenntnis-, sondern ein ernstzunehmendes Umsetzungsproblem gibt.

«Es ist an der Zeit, zu machen, aus dem Vollen zu schöpfen und ein klares Signal an Handwerksbetriebe zu senden. Das Handwerk steht mit effektiven und umsetzbaren Vorschlägen zur Bürokratievermeidung unterstützend bereit. Es ist an der Bundesregierung, diese Unterstützung anzunehmen.»