Mittwoch, 17. Juli 2024
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China: «Made in Germany» keine Absatzgarantie

Bonn. (bfai) Wer in China seine Ware verkaufen will, muss eine komplett andere Marketingstrategie verfolgen als in Europa oder den USA. Dies gilt nicht nur für Konsumprodukte, sondern teilweise auch für Investitionsgüter, berichtet die Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai).

Dem Aufbau und der Pflege eines Markennamens kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Jedoch haben deutsche Anbieter nach Ansicht von Marktbeobachtern und Landsleuten, die bereits erfolgreich im «Reich der Mitte» tätig sind, in diesem Bereich noch Nachholbedarf.

In Chinas Küstenmetropolen existiert bereits eine konsumorientierte und wohlhabende Mittelschicht, die bereit ist, Importwaren, die meist mehr als zehnmal teurer sind als einheimische Konkurrenzartikel, zu kaufen.

Shoppen gehört für sie zur liebsten Freizeitbeschäftigung und das Einkaufserlebnis als solches spielt für sie eine ungleich größere Rolle als beispielsweise für Europäer. Spontankäufe selbst von hochpreisigen Artikeln stellen mehr die Regel als den Ausnahmefall dar.

Wer sich als internationaler Konsumgüterhersteller in China etablieren will, muss daher auffallen und möglichst sichtbar sein. Dies kann er über die Anmietung von Verkaufsfläche in einer der zahlreichen Shoppingmalls erreichen, wo er seine Produkte exklusiv anbietet.

Andere Vertriebskanäle sind vergleichsweise unwirksam. So existieren kaum Warenhäuser wie in Europa oder Japan, der Großhandel ist noch nicht flächendeckend organisiert und Outlets wie Metro oder Carrefour bieten überwiegend preiswerte einheimische Produkte an.

Die kauffreudige Mittelschicht Chinas kennt allerdings laut einer Umfrage des Hongkong Trade Development Council (TDC) zahlreiche Produkte und Marken noch gar nicht. So können die meisten nur eine Handvoll ausländischer Namen aus dem Gedächtnis zitieren. Dies ist zugleich eine Herausforderung und eine Chance. Können sich doch Markenhersteller komplett neu positionieren und möglicherweise ein viel positiveres oder moderneres Image erreichen als auf ihrem angestammten Heimatmarkt.

Werbung in elektronischen Medien kaum verbreitet

Um sich bei den chinesischen Konsumenten als wertvolle ausländische Marke zu etablieren, ist ein stärkeres Eventmarketing und weniger klassische Werbung in den elektronischen und Printmedien angebracht. Laut TDC misstrauen die meisten Chinesen den Versprechungen der Fernsehwerbung. Sie bevorzugen stattdessen gesponserte Auftritte mit Sängern und Prominenten.

Hongkong kann im Rahmen der Chinastrategie eine wichtige Rolle als Testmarkt und als Werbeplattform spielen. So frequentieren jährlich Millionen von Chinesen die Geschäfte der Sonderverwaltungsregion, wo Importwaren aufgrund fehlender Mehrwertsteuer und Zölle merklich billiger sind als auf dem benachbarten Festland.

Bei Schmuck oder Uhren wird beispielsweise nach Aussagen von Branchenkennern ein Großteil des Chinaumsatzes in Hongkong getätigt. Ähnliches gilt für exklusive Lederwaren oder Kosmetika.

Von Hongkongs Bevölkerung erlernen die chinesischen Konsumenten zudem die Welt der Marken. In der ehemaligen britischen Kronkolonie spielen Statussymbole und demonstrativer Konsum eine ungemein große Rolle. Diese Welle schwappt rasch nach China über.

Dort genießen Importwaren aus Frankreich und Italien den mit Abstand besten Ruf. Deutsche Anbieter hinken ihrer südeuropäischen Konkurrenz mit Blick auf das Image jedoch deutlich hinterher. Zu stark setzen sie ausschließlich auf die Anziehungskraft des Labels «made in Germany».

«Made in China» besitzt einen denkbar schlechten Ruf

Immer mehr Konsum- und auch Investitionsgüter ausländischer Markenanbieter werden zudem nicht mehr in ihren Heimatländern, sondern in der Volksrepublik produziert. «Made in China» besitzt allerdings bei den eigenen Konsumenten einen denkbar schlechten Ruf.

So verbinden sie diese nach einer Umfrage des Hongkonger Trade Development Council (TDC) mit Attributen wie «minderwertig» oder «umweltschädigend». Europäische Marken vermitteln hingegen Lebensstil und Geschmack.

Wie ein führender deutscher Hersteller von Elektrowerkzeugen berichtet, brach der Umsatz in China ein, nachdem die Fertigung dorthin verlagert worden war und die Artikel nunmehr als «made in China» ausgewiesen wurden (bfai).