Donnerstag, 21. November 2024
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Food Hub Bremerhaven: macht Ideen fit für die Produktionspraxis

Bremerhaven. (ttz) Bäcker stehen hemdsärmelig am Steinbackofen, Konditoren rühren hingebungsvoll ihre Schokolade, die Zutaten fürs Frühstücksmüsli schweben vom Kornfeld auf den Teller. Was in der Werbung überzeichnet daherkommt, sieht in der Realität anders aus. Denn nur mit Hilfe komplexer Anlagen lassen sich Lebensmittel in Mengen und gleichbleibend gut kostengünstig produzieren.

Für Existenzgründer und Entwickler innovativer Nahrungsmittel ist das eine große Herausforderung. «Auf dem Weg vom Labormaßstab zur Marktreife muss auch das Produktionsverfahren entwickelt und erprobt werden», erläutert Markus von Bargen, Technischer Leiter des unabhängigen Forschungsdienstleisters Technologie-Transferzentrum ttz Bremerhaven. Die dafür nötigen Maschinen sind aufwendig und teuer. «Weil sich das kaum ein Start-up leisten kann, werden wir ihnen diese Geräte künftig in unserem neuen Food Hub zu tragbaren Kosten zur Verfügung stellen», ergänzt der Kaufmännische ttz-Leiter Jörg Rugen.

Innovation in einem Zentrum der Lebensmittelindustrie

Das Food Hub wird seinen Sitz im Fischereihafen haben. Das 450 Hektar große Gewerbegebiet gehört mit rund 400 Betrieben und 9.000 Arbeitsplätzen zu den größten Zentren der Nahrungsmittelproduktion in Deutschland. Vom kleinen Handwerksbetrieb für die Herstellung von Fischfeinkost bis zum Großbetrieb und Marktführer für tiefgekühlte Fertiggerichte sind hier alle Unternehmensgrößen vertreten.

Für viele von ihnen ist das ttz als Einrichtung der Hochschule Bremerhaven seit vielen Jahren ein wichtiger Partner – mit mehr als 40 Projektmanagern konzentriert sich das Transferzentrum darauf, das Know-how der Hochschule in die Praxis der Unternehmen in Bremerhaven und weit darüber hinaus zu tragen. «Wir sehen schon seit längerem, dass mit dem Trend zur gesunden und nachhaltigen Ernährung immer wieder Start-ups mit vielversprechenden Ideen auf die Bühne treten», berichtet Jörg Rugen, «genau diese Gründer sowie innovative Kleinunternehmen wollen wir mit unserem neuen Food Hub unterstützen.»

Food Hub Bremerhaven setzt anderen Schwerpunkt

Food Hubs, Food Labs oder Gründungszentren für Start-ups aus dem Lebensmittelbereich gibt es schon an mehreren deutschen Standorten. «Zumeist konzentrieren sie sich darauf, die Gründer bei der Entwicklung ihrer Idee sowie bei der Vermarktung zu unterstützen», weiß Markus von Bargen. Das neue Zentrum in Bremerhaven setzt hingegen dort an, wo die Schritte auf dem Weg zum Produkt am schwierigsten sind: «Ein Lebensmittel industriell herzustellen, erfordert jede Menge technisches Wissen, Know-how in der Lebensmitteltechnologie und den entsprechenden modernen, vielseitigen Maschinenpark.»

Starthilfe aus dem Technologie-Transferzentrum

Um darauf Zugriff zu bekommen, müssen sich Start-ups bislang um eine Kooperation mit der Industrie bemühen. Das hat häufig aber einen hohen Preis: «Das geht bis dahin, dass die Ideenentwickler nicht mehr allein darüber bestimmen können, was nach der Marktreife aus ihrer Idee wird», weiß Jörg Rugen.

Die Unabhängigkeit der Gründer zu bewahren, ist integraler Bestandteil des Bremerhavener Food Hubs. Das Zentrum wird mit einem umfassenden Maschinenpark ausgestattet, wie er für die Produktion und Verpackung von flüssigen, cremigen oder festen Lebensmitteln erforderlich ist. Interessierte können zu bestimmten Paketpreisen Maschinen, Platz und Produktionszeit nutzen.

Kompetentes ttz Sensorik-Labor steht zur Verfügung

Anders als es häufig bei Partnerschaften mit der Industrie üblich ist, behalten die Entwickler die alleinigen Rechte an ihren Produkten. «Zudem können wir Nutzern viel Know-how zur Verfügung stellen», verspricht Jörg Rugen. Das ttz verfügt nicht nur über eine große Kompetenz in der Lebensmitteltechnologie, sondern bietet mit einem eigenen Sensorik-Labor auch die Möglichkeit, neue Produkte auf den Geschmack der Verbraucher abzustimmen. Nicht zuletzt soll der Wirtschaftsstandort Bremerhaven profitieren: «Zum Beispiel könnten sich die Start-ups nach erfolgreicher Starthilfe hier in der Seestadt ansiedeln.»

Seine Wirkung soll das Zentrum jedoch weit über das Bundesland hinaus entfalten: «Wir richten uns bundesweit an Leute mit guten Ideen», betont Jörg Rugen. Das müssen nicht zwingend Menschen mit einem beruflichen Hintergrund aus dem Lebensmittelbereich sein: «Viele gute Geschäftsideen stammen etwa von BWL-Studierenden», ergänzt Markus von Bargen. «Genau diese Ideen sind es, die für uns zählen. Das technische Know-how und die Erfahrung bei der Umsetzung steuern wir dann bei,» sagt von Bargen.

Apropos Food Hub: Bremen entwickelt Hanse Kitchen weiter

Parallel zum Projekt in Bremerhaven wird auch in der Schwesterstadt Bremen ein Food Hub entstehen. Das Bundesland entwickelt dafür das in 2021 initiierte Gründungszentrum Hanse Kitchen zu einer Netzwerk- und Innovationsagentur weiter. Die soll Start-ups und bereits etablierte Unternehmen dabei unterstützen, neue Ideen und Produkte erfolgreich auf den Markt zu bringen. Dazu gehöre zum Beispiel, ihnen Zugang zu Netzwerken zu verschaffen, sagen die bestens vernetzten Fachleute aus Bremerhaven (Foto: ttz).