Bonn. (aid) Am 13. Januar hat das Europäische Parlament die Politik für Pflanzenschutzmittel durch seine Zustimmung zu zwei gesetzlichen Regelungen auf neue Füße gestellt. Sie regeln künftig unmittelbar die Prüfung und Zulassung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf EU-Ebene und die nationale Zulassung und das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln. Nachdem sich der erste Rauch verzogen hat, eine Menge wuchtiger Stellungnahmen abgegeben sind und sich die Aufgeregtheit ein wenig gelegt hat, darf man vorsichtig die Frage stellen: Was passiert wirklich?
Die neu eingeführten Ausschlusskriterien bedeuteten den Abschied von der 500 Jahre alten Erkenntnis, dass die Dosis das Gift mache, sagt der Industrieverband Agrar (IAV). Das Pestizid-Aktionsnetzwerk (PAN) freut sich zwar über viele gute Ansätze, moniert aber, dass Pestizide, die das Immun- und Nervensystem schädigen oder die gefährlich für Bienen sind, weiter eingesetzt werden dürften. Wenn auch unter strengeren Prüfungen. Die Wasserwirtschaft erwartet sinkende Kosten für die Entfernung von Pflanzenschutzmitteln aus dem Trinkwasser, während der Deutsche Bauernverband zwar anerkennt, dass das neue Paket in die richtige Richtung weise, die Landwirte aber vor große Herausforderungen stelle, da wichtige Wirkstoffe vielleicht nicht mehr verfügbar seien.
Dass der bis zuletzt erbitterte Widerstand der Industrie und der Landwirte nun kaum noch laut artikuliert wird, liegt wohl vor allem daran, dass man das neue Recht mit einem komfortablen Zeitfenster versehen hat. Das Verbot greift schrittweise; geltende Zulassungen dürfen ausgeschöpft werden. Manche gehen bis über 2016 hinaus. Auch danach gibt es in Einzelfällen Ausnahmeregelungen, in denen ein Wirkstoff für den Pflanzenschutz nachweislich unverzichtbar ist.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) versucht, der aufgeregten Diskussion die Dramatik zu nehmen. Auf Basis einer Analyse des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) seien voraussichtlich 18 zugelassene Wirkstoffe betroffen, die Krebs erzeugen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzung stören. Das entspräche etwa sieben Prozent der derzeit in Deutschland zugelassenen Wirkstoffe. Es sei davon auszugehen, dass sich die möglichen negativen Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln in einem überschaubaren Rahmen bewegten.
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