Dienstag, 16. Juli 2024
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Slowenien: DonDon-Gruppe erobert Zug um Zug den Balkan

Bremerhaven. (eb) Der Eiserne Vorhang, durch den Europa in Zeiten des Kalten Kriegs politisch wie ideologisch strikt getrennt war, wirkt bis heute nach. Ganz allmählich erst werden wir uns des kulturellen Reichtums Ost- und Südosteuropas wieder bewusst, der über Jahrhunderte das Leben in Mittel- und Westeuropa mit beeinflusste und prägte. So glaubt heute zum Glück nicht mehr jeder gelernte Wessi auf Anhieb, dass der Beigel nur eine Variante des Bagels sei, das Croissant ein ur-französisches Gebäck oder der Doughnut eine amerikanische Erfindung – auch wenn Wikipedia Deutschland das nach wie vor behauptet. Je stärker die europäischen Verbindungen nach Osten wieder aufleben, desto mehr erinnern wir uns an den Reichtum, der ausgehend von den Küchen Galiziens, der historischen Landschaft in Südpolen und der Westukraine, die Welt eroberte – unter anderem auch die Vereinigten Staaten.

Würde Russland nicht gerade die ukrainische Kultur in Schutt und Asche bomben, ließen sich auf historischen Genuss-Achsen zwischen Wien, Budapest, Odessa, Lwiw/Lemberg, Krakau, Berlin und Paris lebendige Traditionen unbefangen neu entdecken. Selbstverständlich gönnen wir den Franzosen ihr Croissant. Doch zu erschmecken, wie es von Budapest über Wien und Bern nach Paris kam, ist nicht nur eine besondere Erfahrung, sondern vor allem ein gutes Stück europäische Kulturgeschichte.

Mit langem Atem durch eine Zeit der Marktbereinigung

Das ist nicht der einzige blinde Fleck, der gelernte Bäcker, Köche, Konditoren und Kaffeemacher umtreiben muss. Über Jahrzehnte getrennt, haben sich die Branchen anders orientieren und entwickeln müssen. Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus wurden Unternehmen und Märkte konsolidiert, Übernahme- und Abwehrkämpfe ausgefochten, sich der eigenen Identität versichert. Das brauchte Zeit. Nach Jahren des Aufbaus und Umbaus dringen nun allmählich die ersten lesbaren Unternehmensgeschichten in den Westen. Oft verpackt in Quartalsmeldungen oder ähnlich, hat «Rest-Europa» damit Gelegenheit, Akteure und Bedingungen wenigstens dem Namen nach kennenzulernen.

20240522-DONDON-02(Fotos: DonDon Produktfotos)

Der Zufall führt uns in dieser Woche zur slowenischen DonDon-Gruppe, die über die serbische Tochter DonDon d.o.o. ein Übernahmeangebot für jene 49,2 Prozent Žitopek Pekare in Serbien abgab, die noch nicht im Besitz der Slowenen sind. DonDon Serbien mit Sitz in Belgrad agiert hierfür gemeinsam mit der spanischen BB Global Investing Holding SL aus Madrid. Das geht aus einem Formular hervor, das die Akteure bei der Belgrader Börse einreichten und der Redaktion vorliegt. Ein Besuch der Seite zitopek.rs gibt unter «Proizvodi» und «Galerija» Einblick in typische regionale Spezialitäten.

Aus dem Nichts zur vertrauenswürdigsten Marke

Hauptakteur in der Transaktion ist die familiengeführte Brot- und Backwaren-Gruppe DonDon. Die nahm ihre Tätigkeit 1994 als Kleinstbetrieb in Metlika (SI) auf. Gegründet und geleitet wird sie seither von den Geschwistern Aleš Mozetič und Alenka Mozetič-Zavrl. Unternehmerisches Geschick und eine glückliche Hand in der Produktentwicklung ließen die Bäckerei schnell wachsen. 2003 expandierte sie nach Kroatien und gilt seit 2008 als führendes Bäckereiunternehmen in Serbien. 2015 übernahm DonDon die slowenische Pekarna Grosuplje. Aufgrund deren Größe und Bedeutung wurde Grosuplje zum Zentrum der Aktivitäten DonDons für Slowenien und Kroatien. Serbien und andere Exportmärkte werden von Belgrad aus betreut.

DonDon ist heute in Slowenien, Serbien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Bulgarien und Kroatien tätig. Seit längerem plant die Gruppe, nach Rumänien und Albanien zu expandieren. 2017 eröffnete sie die modernste Toastfabrik auf dem Balkan in Kragujevac, Serbien, und erhielt schon diverse Preise für ihr Qualitätsverständnis. 2018 eröffnete DonDon in Montenegro (Danilovgrad) eine neue Bäckerei für Brot und Gebäck. 2019 nahm eine neue vollautomatische Produktionslinie für Donuts in Kranj (SI) den Betrieb auf. Zudem wurde Grosuplje als vertrauenswürdigste Brot- und Gebäckmarke Sloweniens ausgezeichnet.

Solide Ausstattung hilft die Position zu festigen

Auf der Webseite ist nachzulesen, dass die Gruppe bis heute mehr als 100 Millionen Euro in ihr Wachstum investiert hat. Das Sortiment umfasst frisches Brot, Backwaren, Gebäck, Krapfen, Brotspezialitäten und Gebäck mit verlängerter Frischhaltung, eine Reihe von Bäckereiprodukten für den Point-of-Sale und Tiefkühlprodukte. Die Strategie basiert auf Wachstum und Industrialisierung, was es der Gruppe ermöglicht, mit größeren internationalen Gruppen mitzuhalten. Für 2022 weist DonDon einen Gesamtumsatz von 177 Millionen Euro aus. Regelmäßige Investitionen, Modernisierungen und insgesamt gut 2400 Mitarbeitende tragen heute dazu bei, die führende Position in der Region zu festigen.

Als sich Aleš Mozetič und Alenka Mozetič-Zavrl vor zehn Jahren für Wachstum im industriellen Maßstab entschieden, durchbrach das den erwarteten Finanzrahmen für Familienunternehmen. Es mussten Kredite aufgenommen werden. Durch eine Kapitalzuführung und die Beteiligung eines finnischen Pensionsfonds konnte DonDon erfolgreich einen Schuldenschnitt vornehmen. Nach der Kapitalerhöhung und der Umstrukturierung übernahm der finnische Pensionsfonds 40 Prozent der Unternehmensanteile, während die restlichen 60 Prozent weiter im Besitz der Familie Mozetič sind. Für die Zukunft sind neue Akquisitionen und Übernahmen nicht ausgeschlossen. Der finnische Pensionsfonds ist immer noch an Bord über die heutige KJK Capital Luxembourg S.A. am Finanzplatz Luxemburg (Fotos: DonDon Produktfotos).