Donnerstag, 18. Juli 2024
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Wallraff / Meffert: So bäckt man «Lippequalität»

Detmold / Lemgo. (div) Günter Wallraff, Deutschlands bekanntester Enthüllungsjournalist, war dieser Tage erneut im Einsatz. Nach seinem Bericht über die Gebrüder Weinzheimer Brotfabrik stand der 66-jährige auf Einladung des Vereins «Lippequalität» erneut an Knetmaschine und Backofen. Das Fazit, das er abends in der mit 400 Gästen gefüllten Detmolder Stadthalle zog, war eindeutig: Eine Handwerksbäckerei biete meistens nicht nur bessere Arbeitsbedingungen, sie liefere in der Regel auch die bessere Qualität. Der Konsument sei Discountern keineswegs ausgeliefert. «Mit der Kaufentscheidung an der Brottheke und anderswo übt der Verbraucher Marktmacht aus. Diese Marktmacht sollte er wieder ganz bewusst für regional erzeugte Produkte einsetzen». Seine Erkenntnisse hatte sich der Journalist zuvor hart erarbeitet: Um drei Uhr in der Frühe war er in der Bäckerei Meffert in Lemgo angetreten. Die Arbeit im Handwerksbetrieb mit 14 Bäckern empfand er als abwechselungsreich, die Zeit verging schnell. Besonders beeindruckte ihn, «dass der Chef hier noch selbst in der Backstube mit anpackt». Dieser Chef, Alfred Meffert junior, war denn auch zufrieden: «Wallraff war voll bei der Sache und hat toll mitgearbeitet». «Wir müssen die Abhängigkeit von Konzernen verringern. Regionalität ist eine gute Antwort», sagte der Journalist abends in der Stadthalle. «Wir müssen auch wieder bewusster genießen lernen». Den Einwand, ärmere Menschen seien froh, erhielten sie zehn Brötchen für 1,05 Euro, ließ Wallraff nur bedingt gelten. «Bei Discountern kaufen viele Menschen, die das aus materiellen Gründen nicht müssen». Zudem muss man die Energiekosten zum Aufbacken berechnen. Dann kosten zehn schlechte Brötchen ähnlich viel wie ein Kilo gutes Brot. Fazit: «Wir müssen umdenken, wir brauchen mehr Verbraucherbewusstsein; wir müssen registrieren, dass schlechte Arbeitsbedingungen fast immer schlechte Qualitäten hervorbringen und dass Massenproduktion schon wegen der langen Transportwege schlecht für die Umwelt ist».